Die Ankündigungen von Mark Zuckerberg[1] zu den geplanten Änderungen auf Facebook, Instagram und Threads haben, nicht nur in Deutschland, für großes Entsetzen gesorgt (siehe nur [2]).
Die (offizielle) Begründung dafür ist haarsträubend. Man hätte gesehen, dass dieser Ansatz bei X funktioniert habe („We’ve seen this approach work on X“). Auch seien einige Aussagen mittlerweile „mainstream“ und man denke, dass man bei den 1% gelöschten Nachrichten möglicherweise in 10-20% der Fälle falsch entschieden habe („While these actions account for less than 1% of content produced every day, we think one to two out of every 10 of these actions may have been mistakes“).
Also lässt man zukünftig so ziemlich jede Aussage zu, um die 0,1-0,2% Fehlerquelle des bisherigen Systems zu beenden. Diese Logik ist vollkommen absurd, da es nach dieser Entscheidung nicht bei 1% Hassrede bleiben wird. Die Grenzen des Rechts, des Anstands und der Wissenschaft lassen sich durch diese Argumentation beliebig weit verschieben. Das ist absolut inakzeptabel.
Nicht nur diverse Hassrede-Regeln werden gekippt, sondern auch auf Faktenchecker soll in den USA zukünftig verzichtet werden. Diese Aufgabe wird auf die Nutzenden abgewälzt, die Bewertungen zu Äußerungen („Community Notes“) abgeben sollen.
Sollten Bibliotheken nach diesen Entscheidungen noch auf diesen Seiten vertreten sein? Schon länger fällt es mir schwer zu begründen, warum Bibliotheken Zeit und Energie in Social Media stecken sollten. Wäre die Zeit nicht ohnehin besser in Kooperationen und Vor-Ort-Netzwerke investiert? Welchen Mehrwert hat ein eigenes Profil bei Facebook oder Instagram für die Bibliothek wirklich? Erreiche ich damit tatsächlich, dass sich mehr Kundinnen und Kunden für Veranstaltungen und Dienstleistungen der Bibliothek interessieren?
Kann man als Institution, die sich der Förderdung von Vielfalt, Teilhabe und Gleichberechtigung verschrieben hat, wirklich weiter guten Gewissens auf diesen Seiten vertreten sein, die eben diese Prinzipien mit den „Füßen treten“? Zukünftig gilt dort ausschließlich das Recht des Stärkeren. Wer am lautesten brüllt, egal wie falsch und menschenverachtend seine Positionen auch sein mögen, bekommt Recht und bleibt am Ende stehen. Für jedwede Position wird man in der eigenen Blase unkommentiert Bestätigung finden.
Die Plattformen werden sich -noch mehr als bisher- in pure „Drecksschleudern“ verwandeln und jeden bisher in unserer Demokratie gültigen Konsens angreifen.
Das sind trübe Aussichten und Bibliotheken sollten sich in dieser Frage klar positionieren. Mit einer weiteren Nutzung machen sie sich schuldig, indem sie diesen Plattformen Reichweite verschaffen und sie legitimieren. Der Mehrwert dieser ist schon lange überschaubar. Das Signal für Werte wie Toleranz und Mitmenschlichkeit einzustehen, ist dagegen ungleich höher.
[1] https://about.fb.com/news/2025/01/meta-more-speech-fewer-mistakes/
[2] https://www.spiegel.de/netzwelt/meta-kippt-zahlreiche-hassrede-regeln-auf-instagram-und-facebook-in-den-usa-a-b3c82c32-f8d7-441b-b17a-23087b99d162
Grafik: DALL-E 3 (Promt: „Aus einem Bildschirm kommt ein Strahl mit Hetze.“) vom 09.01.2025.