Welche Auswirkungen hat die Änderung der Ausschreibungspraxis Öffentlicher Bibliotheken? – Teil 2/2
Im ersten Teil wurde die zunehmende Praxis im Bereich Beschaffung (Ausschreibungen und Outsourcing) beleuchtet und wie sich dadurch die Beziehungen und Abhängigkeiten zu Anbietern verändern werden.
In diesem Teil geht es vertiefter um die Auswirkungen auf den bibliothekarischen Beruf und sein Berufsbild. Konkret gefragt, welche Auswirkungen wird es auf die zukünftige Ausbildung haben?
Dass die Ausbildungsordnung[i] von 1998 ist, kann leider per se nicht als Ausweis für besonders ausgeprägte Reformwilligkeit angesehen werden. Seit vielen Jahren wird an einer neuen Ordnung gearbeitet und diese immer wieder verschoben. Denkt man „Outsourcing im Bereich Erwerbung und technischer Bearbeitung“ zu Ende, wird ein Großteil der bisherigen Ausbildungsinhalte obsolet werden. Im Bereich Service hat sich durch RFID und Digitalisierung ebenfalls viel verändert. Auch KI wird, nicht nur in der Erschließung, eine dominante Rolle einnehmen. Die technischen Umwälzungen in diesem Bereich haben gerade erst begonnen und Bibliotheken drohen bereits den Anschluss zu verlieren.
Inwieweit wird also die neue Ausbildungsordnung den Entwicklungen der letzten 25 Jahre Rechnung tragen und neue Aufgabenbereiche vermitteln? Kann der Blick ins Ausland (siehe Teil 1) helfen? Inwieweit ist die Auswahl der neuen Aufgabenbereiche übertragbar (z.B. Ehrenamtsmanagement)?
Fragen über Fragen, die dringend gestellt werden müssen, um das Berufsbild weiter/wieder? attraktiv zu gestalten. Neue Webseiten wie https://meinjob-bibliothek.de gehen in die richtige Richtung.
Wie könnten weitere Lösungen aussehen? Ganz grundsätzlich ist nicht mehr vermittelbar, dass sich Bibliotheken noch zu oft allein auf den Weg machen (müssen). Vieles ist strukturell bedingt (Föderalismus) nicht 1 zu 1 auf Deutschland übertragbar. Man stelle sich nur einmal eine bundesweite Onleihe vor.
Idealerweise gäbe es aber zumindest eine gemeinsame, moderne und für alle Öffentlichen Bibliotheken (cloudbasierte) bezahlbare Bibliothekssoftware, welche die Nutzung von Daten und KI möglich machen würde. Bibliotheken fallen technisch ansonsten immer weiter zurück. Die bisherigen Strukturen sind ein großes Hemmnis und müssen dringend überwunden werden.
Im Bereich der Aufgaben von Mitarbeitenden müssen einheitliche Standards entwickelt werden, welche beispielsweise Bereiche wie Veranstaltungen, Kooperationen, Nachhaltigkeit und Digital Citizenship stärker in den Blick nehmen.
Bibliotheken, Fachstellen und Verbände müssen sich außerdem klar positionieren und definieren, welche Aufgaben trotz KI auch in Zukunft Aufgaben von Bibliotheksmitarbeitenden sein werden. Welche Verantwortung bspw. für die Medienauswahl wollen wir abgeben oder gehört diese auch weiter zu den zentralen Aufgaben einer Bibliothek? Wenn wir diese abgeben, wer sichert die Unabhängigkeit der Auswahl? Unter anderem in den USA[ii] wird aktuell sichtbar, dass die Bestandshoheit ein zentrales Gut ist.
Die rechtliche und finanzielle Sicherheit von Bibliotheken war lange nicht so bedroht wie heute.
[i] https://www.gesetze-im-internet.de/medinfofangausbv/BJNR125700998.html
[ii] https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/usa-buecherverbote-kulturkampf-100.html
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